Im Kommunistischen Manifest (1848) feierte Karl Marx den wissenschaftlich-technischen Fortschritt des bürgerlichen Zeitalters. Die tiefgreifende Umgestaltung der Natur erschien ihm als Ausdruck menschlicher Produktivkraft. Erst seit den 1970er Jahren rückten die zerstörerischen ökologischen Folgen der Industrialisierung in den Blick. Umweltbewegungen sahen in Marx eher Teil des Problems als der Lösung – nicht zuletzt wegen des Raubbaus in „realsozialistischen“ Staaten. „Grüne“ Bewegungen definierten sich bewusst jenseits der sozialistischen Tradition: „nicht links, nicht rechts, sondern vorn“.
Mit dem Ende des Realsozialismus und der Integration grüner Parteien in ein politisches Establishment, das der Klimakrise wenig entgegensetzt, gewinnt eine ökologische Neubewertung von Marx an Aktualität. Im Zentrum steht dabei das Konzept des „gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur“. Marx’ Kritik des Kapitalismus lässt sich als Analyse der Entfremdung zwischen Mensch und Umwelt lesen – einer strukturellen Trennung, die ökologische Krisen systematisch hervorbringt.
Der Vortrag zeigt, dass eine ökologische Perspektive auf Marx nicht nur eine moralische, sondern eine politische Forderung nach veränderten Eigentumsverhältnissen impliziert. Nur durch die Demokratisierung von Produktion und Ressourcen lässt sich ein nachhaltiger Umgang mit der Natur verwirklichen. Zugleich bietet der Vortrag Einblick in das Buch Klima und Kapitalismus. Plädoyer für einen ökologischen Sozialismus (Schmetterling Verlag, 2025).
Bio: Maximilian Hauer ist Philosoph und Soziologe in Leipzig. 2023 erschien sein Essayband Seuchenjahre. Orientierungsversuche im Ausnahmezustand über die Covid-19-Pandemie. 2025 veröffentlicht er gemeinsam mit Katja Wagner und Maria Neuhaus Klima und Kapitalismus. Plädoyer für einen ökologischen Sozialismus.
